Geschniegelt und gespornt wollten wir aufsitzen und losreiten. Doch meine BMW sprang einfach nicht an! Wir warteten und warteten und versuchten es erneut – nichts! Dann gaben wir ihr nach einer weiteren Viertelstunde eine letzte Chance bevor wir einen Mechaniker rufen wollten. Dann sprang sie mit viel Überredungskunst auf einmal an. Erleichtert fuhren wir los Richtung Tecate, Grenze in die USA. Auf dem Weg erlebten wir einen Wind der sogar den in Chile toppte. Es wurde die schlimmste Fahrt mit Seitenwind der gesamten Strecke! Verkrampft und völlig angespannt versuchten wir den abartigen Böen Stand zu halten. Kai hatte vor allen Dingen große Mühe mit dem Surfbrett an seiner Seite. Froh endlich an der Grenze angelangt zu sein erwartete uns dann aber die nächste Herausforderung: Kein Beamter wusste wo wir nun für die Ausreise und Rückerstattung unserer hinterlegten Kaution (ca. 360€ pro Bike) hingehen mussten. Nach langem hin und her fanden wir dann die zuständige Stelle. Doch dann das nächste Problem: Die Beamten konnten die Fahrgestellnummer der Yamaha (durch Wind, Salz und Regen korrodiert) zwar erkennen, aber nicht fotografieren. Ein Foto dieser Nummer war für die Dokumentation unerlässlich. Nach einer gefühlten Ewigkeit und zwei Kameras später, konnten sie es dann aber einigermaßen fotografieren und stellten uns die Quittungen für die Rücküberweisung der Kaution aus. Für den Ausreisestempel im Pass mussten wir dann nochmals einzeln zum Schalter.
Mit den Motorrädern konnten wir an der langen Schlange vor der Grenze zur USA vorbeifahren und kamen so direkt zum Einreiseschalter. Wir hatten noch kein Visum online beantragt, bekamen wir aber anstandslos vor Ort. Wir hatten uns ja wirklich Gedanken gemacht wegen der Einreise in die USA, ob sie uns mit dem Surfbrett überhaupt einreisen lassen würden und was sie alles kontrollieren würden. Wir mussten jedoch nicht einen Koffer bzw. Tasche öffnen und wurden nichts gefragt. Wir mussten nur ein Formular ausfüllen, die Gebühr von 6$ pro Person bezahlen und das war´s dann auch schon. Das war mit Abstand die einfachste Einreise der gesamten Reise! Auch für unsere Motorräder interessierte sich niemand. Es wurde kein Nummernschild erfasst und nichts.
Nach der Grenze fuhren wir nur noch zwanzig Minuten bis zu einem Recreational Park mit Campingplatz. 21$ hieß es im Internet, 24$ waren es dann vor Ort. Auf Grund einer Starkwindwarnung und mit dieser verbundenen hohen Gefahr von Waldbränden, wurde die gesamte Elektrizität abgestellt, weshalb auch die Duschen nicht funktionierten. Kai war so fertig von dem anstrengenden Tag, dass er nicht mehr weiterfahren wollte. Ich konnte das verstehen, ich war selbst sehr müde, aber die vorhergesagten 100km/h (in den Böen) machten mich sehr nervös. Hätte ich besser mal auf mein Gefühl gehört, denn unser Zelt überlebte diesen Sturm leider nicht. Dies war die schlimmste Nacht der gesamten Reise! An Schlaf war kaum zu denken. Die Böen zerrissen das Vorzelt. Eine Reparatur würde sich nicht lohnen. Wir waren nun offiziell obdachlos und hatten kein Zuhause mehr! Hätten wir besser mal auf meine BMW gehört und wären noch einen Tag länger in Mexiko geblieben!
Frustriert und übernächtigt packten wir im Sturm (der Wind hörte einfach nicht auf) bei blauem Himmel und Sonne unser Hab und Gut zusammen. Wir wollten keine Minute länger dortbleiben. Währenddessen riss dann noch einer meiner Flip Flops und Kai´s Tasche gab auch den Geist auf. Toller Tag!
Wir fuhren nur 45 Minuten zum nächsten Campingplatz im Osten von San Diego. Doch dieser war komplett ausgebucht! So mussten wir uns Last Minute ein überteuertes Motelzimmer (ca. 63€) nehmen. Was für ein furchtbarer Start in den Staaten!
Zumindest waren wir so nicht weit vom Zentrum der Stadt entfernt und konnten mit dem Zug nach Downtown San Diego fahren. Die Stadt ist sehr schön, sehr sauber und es war für einen Samstag nicht viel los.
Nach einem Tag in der Stadt zogen wir weiter mit Zwischenstopps an den Sunset Cliffs und Ocean Beach. In Kalifornien scheint immer die Sonne – an diesem Tag leider nicht. Wir wollten Neil kennenlernen, bei dem wir unsere Motorräder über den Winter einlagern würden. Der Storage ist in seinem Haus in Encino (in der Nähe von Los Angeles) und er wohnt in Escondido. Dort gingen wir ihn besuchen. Wir bedankten uns für die Gastfreundschaft mit Bier und einem BBQ, welches sehr gut zum Footballspiel passte, dass an diesem Abend stattfand. Vielen Dank, Neil und Lisa!
Neil wollte uns nach Encino begleiten und zwei Tage mit uns dortbleiben. Eigentlich wollten wir nur einen Tag in Escondido bleiben um genug Zeit für die Vorbereitung der Motorräder für die Einlagerung zu haben, doch es kam immer etwas dazwischen. Erst gab es noch was zu erledigen, dann machten uns der starke Wind und die vorherrschenden Waldbrände etwas Sorgen (ein Waldbrand war nicht weit von Encino entfernt) und dann mussten wir mit Kai zum Arzt, weil er starke Schulterschmerzen hatte. 250$ Kaution musste er für den Arztbesuch zahlen. Das Rückgeld von knapp 38$ kommt dann jedoch mit einem Scheck per Post. Natürlich nicht mehr rechtzeitig. Somit mussten wir hoffen, dass unsere Auslandskrankenversicherung (ADAC) die Rechnung nach einem halben Jahr noch annehmen würde…
Nach drei Tagen war es dann endlich soweit. Es ging nach Los Angeles. Leider kamen wir sehr viel später los als gedacht und somit landeten wir direkt in der Rush Hour der Megacity. Neil fuhr uns weit voraus und stand auf einmal am Seitenstreifen, bedeutete uns aber weiter zu fahren. Wir hangelten uns von einem Stau in den nächsten und kamen im Dunkeln endlich in Encino an. Dann lasen wir die Nachricht von Neil: Sein Bike war kaputt, er würde mit dem Zug nachkommen. Hätten wir das gewusst, hätten wir angehalten und ihm geholfen! Seine Tochter (sie wohnt in dem Haus) war nicht zu Hause und würde erst in drei Stunden wiederkommen. Wir vertrieben uns die Zeit mit einkaufen und suchten nach etwas essbarem. Unser Budget reichte nur für Baguette. Yummy. Vier Stunden später kamen Neil und seine Tochter dann an. Was für ein Tag.
Kai wartete am nächsten Tag die Motorräder und wir fuhren zu BMW und Yamaha um schon mal den Service in sechs Monaten abzuklären. Wir packten um, entledigten uns von Dingen die wir nicht mehr brauchten und kuschelten mit „Pablo Escobark“ („bark“ heißt „bellen“), ein Chow Chow-Mix, der uns anfangs misstraute, verbellte und zum Schluss zu uns ins Bett kam.
Am Abend vor dem Abflug war es dann soweit: Unsere Maschinen standen abgedeckt in der Garage. Ein komisches Gefühl, sie nun für so eine lange Zeit alleine zu lassen. Doch wir freuten uns nun auch auf das Land Down Under. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Neil und seine Tochter Sydney für die Möglichkeit unsere Motorräder und unser Equipment einzulagern!
Am nächsten Tag ging es abends zum Flughafen – bye bye Los Angeles! Wir sehen uns in ein paar Monaten wieder!